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Fünf Tipps für eine erfolgreiche Prozessanalyse im Versorgungsunternehmen

11. Oktober 2022 | Autor: Lisa Martens, Geschäftsführerin Vivax Consulting GmbH

Auch in Versorgungsbetrieben gilt: Der klassische Einstieg in die Prozessoptimierung ist die Prozessanalyse. Ziel dieser ist zum einen, die Prozesse zu identifizieren, deren Optimierung das größte Potenzial für Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen bietet. Zum anderen sollte solch ein Projekt möglichst nachhaltig aufgesetzt werden — im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Wie das gelingen kann, fasst folgender Artikel in fünf Tipps zusammen.

Dieser Fachartikel erschien in der Fachzeitschrift ew, Ausgabe 9/2022

Schritte der Prozessanalyse
Project Description

1. Die Mitarbeitenden miteinbeziehen

Das Wichtigste ist es, die gesamte Belegschaft von vornherein aktiv einzubinden, wenn es um die Veränderung von Prozessen und Strukturen im Unternehmen geht. Denn entsteht erst einmal der Eindruck, dass wieder mal „umstrukturiert“ werden soll, ohne dass sich wirklich etwas ändert, entsteht Verunsicherung. Die Furcht, dass Jobs in Gefahr sind, folgt in der Regel schnell, damit steigt das Misstrauen und die Motivation nimmt ab. Deswegen sollte der Einstieg in ein ganzheitliches Prozess- und Changemanagement über eine Prozessanalyse erfolgen, die mehr ist als eine reine ProzessKOSTEN-Analyse, die gemeinhin als Instrument für Kosteneinsparungen und Stellenabbau missverstanden werden kann. Selbstverständlich müssen die Prozesskosten und -kapazitäten analysiert werden. Denn das ist die Basis, um überhaupt an eine Prozessoptimierung denken zu können. Dabei muss aber in jedem Falle von Anfang an vermittelt werden, dass es hier um sehr viel mehr geht: Es soll Transparenz geschaffen werden, um die Arbeitsabläufe effizienter und effektiver gestalten zu können. Am Ende geht es auch darum, dass die Belastung der Mitarbeitenden abnimmt, weil sie wieder ausreichend Zeit haben, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren, was sich dann auch direkt auf die Arbeitszufriedenheit auswirkt. Deswegen sollten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von vornherein über das Projekt und dessen Ziel(e) informiert werden! Auch der Betriebsrat sollte vom Start weg mit im Boot sein. Erst wenn die Mitarbeitenden verstehen, worum es eigentlich geht, und sie sich als Teil des Projektes fühlen, werden sie den Veränderungsprozess auch unterstützen.

Eine gute Möglichkeit, Mitarbeitende in ein Projekt für das Prozess- und Changemanagement einzubinden, ist der Einsatz einer entsprechenden Softwarelösung, die die Erfassung und Analyse der täglichen Abläufe ganzheitlich abbildet. Mit einem Tool wie Vivax Analytics ProCo können Mitarbeitende direkt in das Projekt integriert werden, indem sie ihre Aufgaben und die damit verbundenen Zeitaufwände selbst erfassen. Vereinfacht wird dies durch ein hinterlegtes Prozessmodell, das mehr als 7.000 Aufgaben eines typischen Versorgungsunternehmens umfasst. Der Mitarbeiter kann so auf vorhandene Prozesse zurückgreifen und muss nur seine Werte wie etwa die aufgewendete Zeit für den jeweiligen Arbeitsgang erfassen. Pro Arbeitsplatz werden dafür in der Regel nicht mehr als ein bis drei Stunden für die Erfassung benötigt. Bereits bei der Eingabe bewertet der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin die Durchführbarkeit jeder einzelnen Tätigkeit. Damit haben Mitarbeitenden die Chance, die vorhandenen Probleme und Herausforderungen ihrer täglichen Arbeit direkt mitzuteilen. Auch bei der IST-Prozess-Aufnahme und Sollprozess-Entwicklung sollten die Mitarbeitenden eingebunden werden. Denn sie sind die Experten, die diese Aufgaben tagtäglich erfüllen. Dazu eignen sich interaktiv gestaltete Vor-Ort-Workshops mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach dem Bottom-up-Prinzip. Hier werden die eigenen Erfahrungen gegen den Blick der Berater von außen gespiegelt, die Erfahrungen in anderen Unternehmen gesammelt haben und wissen, welche Aufgaben in den Prozessen anfallen und wie sie besser abgebildet werden können — gegebenenfalls auch durch den Einsatz anderer IT-Systeme. Gelingt es so, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ins gesamte Projekt aktiv mit einzubeziehen, können Veränderungen sehr viel schneller und vor allem nachhaltiger umgesetzt werden.

2. Mehr als Interviews und Stoppuhr-Überwachungen

Viele Beratungshäuser starten eine Prozessanalyse, indem sie unzählige Interviews mit den Mitarbeitenden durchführen. Natürlich ist das grundsätzlich eine gute Idee und sollte wie oben beschrieben auf jeden Fall getan werden. Doch werden hier meist aus
Kostengründen Berufseinsteiger eingesetzt, die das Geschäft und die Aufgaben im
Unternehmen nicht richtig verstehen und damit auch nicht beurteilen können. Außerdem ist es für die Mitarbeiter schwierig, auf Anhieb zu sagen, wie viele Stunden in der Woche sie mit welchen Aufgaben verbringen - etwa mit der Bearbeitung von E-Mails oder der Koordination von Terminen. Darüber hinaus werden die Interviews von verschiedenen Personen durchgeführt, so dass am Ende eine riesige Menge an Daten gesammelt wurde, die subjektiv gefärbt sind und kaum miteinander kombiniert und ausgewertet werden können.

Auch die Stoppuhr-Taktik oder die direkte Beobachtung der Mitarbeitenden bei der Aufgabenbewältigung können in Einzelfällen hilfreich sein. In der Produktion ist es sogar entscheidend, zu wissen, wie lange jeder Prozessschritt dauert. Doch in vielen anderen Bereichen ist es sehr schwierig zu sagen, wie lange die Bearbeitungszeit etwa einer
Beschwerde in Anspruch nimmt. Misst man einzelne Fälle, können dabei sowohl zwei Minuten als auch drei Stunden zusammenkommen. Zudem ist die Beobachtung aller Mitarbeitenden bei der Arbeit viel zu aufwendig und daher wenig sinnvoll. Dies macht erst Sinn, wenn die Prozessanalyse abgeschlossen ist und festgestellt wurde, dass einzelne Prozessschritte zu lange dauern oder Mitarbeitende diese unterschiedlich abarbeiten. Dann ist es hilfreich, sich genau zeigen zu lassen, was diese Personen tatsächlich tun.

Durch die softwaregestützte Eigenerfassung können solche Schwachstellen schnell identifiziert werden. Erst danach macht es Sinn, durch IST-Prozessaufnahmen und gezielte Befragungen die Problematiken und Optimierungspotenziale weiter zu erforschen. Und hier  bewährt es sich, erfahrene Personen bei der Prozessanalyse und -optimierung einzusetzen, die die Problematiken und Herausforderungen in den einzelnen Prozessen kennen und Lösungen parat haben!

3. Einfach eine Prozessmanagerin einzustellen, bringt noch nicht den Frühling!

Eine Prozessmanagerin bringt maximal frischen Wind in das Unternehmen, aber noch lange nicht die Optimierung, die eigentlich benötigt wird. Denn eine umfassende
Prozessoptimierung ist eine Mammutaufgabe. Einen Mitarbeiter dafür freizustellen, ist der richtige Schritt. Doch kann diese Person das nicht ohne Unterstützung umsetzen. Allein schon der erste Schritt zur Prozessoptimierung — die Prozessanalyse — ist sehr komplex und aufwendig. Kaum ein Unternehmen hat die Transparenz über alle Prozesse, Aufgaben und Kosten. Aus diesem Grunde hat die tktVivax Group mehr als 7.000 Aufgaben in über 600 Prozessen identifiziert, die für ein in der Versorgungsbranche tätiges Unternehmen typisch sind. Mithilfe der Softwarelösung ProCo können diesen die benötigten Kennzahlen wie Personal- und Sachkosten durch wenige Klicks direkt zugeordnet werden. Auf diese Weise erhält das Unternehmen unkompliziert und zeitnah eine gute Datengrundlage. Die ausführlichen Auswertungsmöglichkeiten zeigen dann schnell, „wo der Schuh am meisten drückt“, welche Prozesse also die größten Optimierungspotenziale haben. Einer gezielten Prozessoptimierung steht dann nichts mehr im Weg. Diese dann einem internen
Prozessmanager und den beteiligten Abteilungsleitungen zu überlassen, ist nicht die beste Lösung. Zum einen ist eine Prozessoptimierung aufwendig, vor allem, wenn viele Prozesse zeitgleich angegangen werden sollen. Zum anderen sind interne Mitarbeitende nicht objektiv und entwickeln meist einen Tunnelblick. Die Fachabteilungen haben zudem das Problem, dass sie in eine Art Verteidigungshaltung fallen. Denn sie leben die Prozesse schon jahrelang so und es ist nur natürlich, dass sie sich dafür rechtfertigen wollen, warum sie so arbeiten wie sie arbeiten.

Eine externe Unterstützung bei der Prozessoptimierung hat deswegen Vorteile:

•    Erfahrung und Branchenkenntnis

•    Blick von außen auf das Unternehmen

•    Unabhängigkeit von unternehmensinternen Verflechtungen

•    Vorhandensein von Vorlagen, Werkzeugen und Wissen

•    Arbeitserleichterung und freie Ressourcen

4. Alles auf einmal machen: Ja Bitte oder Nein Danke?

Für jedes Optimierungsprojekt gibt es eine klare Vorgabe: Der operative Betrieb muss reibungsfrei weitergehen und die Kunden und Kundinnen dürfen keinen Nachteil durch eine laufende Prozessoptimierung haben. Das bedeutet: Man sollte nicht zu viel auf einmal angehen. In vielen Projekten ist zu beobachten, dass Unternehmen eine Prozessanalyse beginnen, das komplette ERP, CRM und weitere IT-Systeme austauschen, parallel diverse andere Projekte am Laufen sind und die durch diese Umbrüche ausgelöste Mitarbeiterfluktuation die Situation nochmals kompliziert. Ein adäquates Service-Level aufrechtzuerhalten ist dann kaum noch möglich. Zudem werden die Mitarbeitenden durch die ständige Überforderung demotiviert. Deswegen muss vor dem Projektstart eine Roadmap entwickelt und festgelegt werden, wann welche Projekte anstehen. Das bedeutet nicht, dass mehrere Projekte nicht gleichzeitig stattfinden können. Diese müssen jedoch gut koordiniert und geplant werden, damit weder die Kunden noch die Mitarbeitenden darunter leiden und die Projekte erfolgreich umgesetzt und abgeschlossen werden können. Im Prozessmanagement gibt es auch den Begriff des „Prozess-Reengineering“. Das ist eine Methode, bei der ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (auch KVP genannt) oder einzelne Prozessoptimierungen umgesetzt werden, sondern eine komplette Reorganisation der Prozess- und Organisationsstruktur eines Unternehmens erfolgt. Es werden quasi von einer „grünen Wiese“ aus Sollprozesse entwickelt und umgesetzt, ohne Berücksichtigung der IST-Prozesse. Diese radikale Variante muss stets von ganz oben im Unternehmen unterstützt werden und sollte nur mit Hilfe von erfahrenen Prozess- und Changemanagement-Beratern angegangen werden, damit die Mitarbeitenden nicht auf der Strecke bleiben. Hier ist es zudem noch wichtiger, jeden Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin mitzunehmen. Denn dieses Vorgehen birgt große Risiken und wird deswegen auch nur sehr selten umgesetzt. Denn die Verflechtungen und Abhängigkeiten in einem Unternehmen sind meist sehr komplex, weswegen das Prozess-Reengineering schwierig umzusetzen ist.

5. Nach der Prozessanalyse MUSS es weitergehen!

Und zwar schnell! Die Prozessanalyse ist nur die erste Phase. Nachdem der Überblick über die IST-Situation im Unternehmen geschaffen wurde, muss der nächste Schritt ohne großen Zeitverzug folgen. Die Mitarbeitenden haben fleißig und ehrlich angegeben, was sie wie machen. Nun sollte ihren Problemen auch Gehör verschafft werden. Basis ist eine ganzheitliche Prozesslandkarte mit den herausgefundenen Priorisierungen. In Arbeitsgruppen und in Workshops werden dafür die IST-Prozesse detailgenau mit allen Stärken und Schwächen aufgenommen — und dies „Bottom-up“ gemeinsam mit den Mitarbeitenden. Anschließend werden die Sollprozesse ebenfalls in Workshops gemeinsam mit den Mitarbeitenden entwickelt und nicht im „dunklen Keller“ von den Beratern allein ausgetüftelt. Danach muss die Umsetzung so schnell wie möglich starten. Denn zu diesem Zeitpunkt sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bereit für die Veränderung. Hier ist die Führungsriege gefragt, Bedingungen zu schaffen, um einer Implementierungsphase so wenig Steine wie möglich in den Weg zu legen.

Was passiert mit einem Wanderweg, der nicht gepflegt wird? Nach kürzester Zeit ist er mit Sträuchern überwuchert und umgekippte Bäume versperren den Weg. So läuft es auch mit den Prozessen, wenn man sich nicht um sie kümmert. Workarounds werden gebildet, Personal wechselt und sehr schnell ist der aufwendig entwickelte und umgesetzte Sollprozess nicht mehr der gelebte Prozess und die Ineffizienzen verselbstständigen sich wieder. Deswegen müssen Prozessverantwortliche definiert und ein Prozessmanagement implementiert werden, das sich für die Einhaltung der Prozesse und für deren Fortentwicklung einsetzt. Auch externe Einflussfaktoren wie etwa neue rechtliche Rahmenbedingungen führen regelmäßig dazu, dass Prozesse angepasst werden müssen. Eine kontinuierliche ganzheitliche Prozessanalyse stellt sicher, dass Sie Abweichungen von den Prozessen und Ineffizienzen frühzeitig erkannt werden, ohne dass ein größerer „Schaden" entsteht. Rechtzeitig angestoßene Prozessoptimierungen runden mit der Einbindung von externer Erfahrung ein gutes Prozessmanagement ab. Auch hier kann ein softwarebasiertes Vorgehen die Arbeit erleichtern. Denn mit Werkzeugen wie ProCo kann die Selbsterfassung jederzeit wiederholt und Verbesserungen (oder Verschlechterungen) sichtbar gemacht werden — und dies auch ohne Unterstützung externer Berater.

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Project Details